• Veröffentlichungsdatum : 21.03.2024
  • – Letztes Update : 26.03.2024

  • 5 Min -
  • 1094 Wörter
  • - 1 Bilder

Psychische Gesundheit

Katharina Reich

Psychische Gesundheit 

Teil 2: Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz des damaligen Gesundheitsministers Rudolf Anschober und des Berufsverbandes Österreichischer PsychologInnen (BÖP) wurde die Studie „Psychische Gesundheit in Österreich“ präsentiert. Es handelte sich um eine repräsentative Online-Umfrage mit 1.000 befragten Personen im Alter zwischen 16 und 69 Jahren, die im Untersuchungszeitraum 2. März 2020 bis 17. März 2020 befragt wurden. Darin kam zutage, dass psychische Erkrankungen mehr die Regel im Leben sind als die Ausnahme und dass sie nach wie vor zur Stigmatisierung führen. Zudem ist deren Behandlung, wegen des unzureichenden Behandlungsangebot, ein hoher Kostenfaktor für Betroffene. Fazit: Den Menschen in Österreich scheinen die eigenen Ressourcen auszugehen, die ihnen Halt geben; die psychische Stärke ist ein Faktor davon.

In den Untersuchungen zum Gesundheitszustand der Deutschen aus dem Jahr 2022 zeigte sich dieses Bild vor allem in den Gründen zur Berufsunfähigkeit. Erkrankungen des Atmungssystems waren für etwa 19,9 Prozent der Arbeitsunfähigkeitstage aller DAK-Versicherten verantwortlich und damit der Hauptgrund. Die in den letzten Jahren stark an Bedeutung gewonnen psychischen Erkrankungen rangierten im Jahr 2022 mit etwa 15 Prozent auf dem dritten Platz, hinter Muskel-Skelett-Erkrankungen mit knapp 18 Prozent.

Psychische Probleme und Burnout hängen zusammen

Oftmals wird Burnout als weniger stigmatisierte Bezeichnung für psychische Erkrankungen herangezogen. 2019 zeigte eine österreichische Studie, dass – bezogen auf die Burnoutrate – nur 52 Prozent der Österreicher gesund sind. 19 Prozent der Befragten fühlten sich in einem frühen „Problemstadium“, vier Prozent der Bevölkerung wurden dem Zustand „depressiv“ zugeordnet. Hierbei ist anzumerken, dass Depressionen ein Teil eines Burnouts darstellen. Das Burnout wurde 1974 erstmals von US-Psychoanalytiker Herbert Freudenberger als totale Erschöpfung, teils gepaart mit Zynismus bzw. Entfremdung von Arbeit, beschrieben. Er stellte erstmal einen deutlichen Leistungsknick infolge des Ausgebrannt-Seins fest. Interessant ist der Zusammenhang von Arbeitssucht und Burnoutrate. Beide hängen mit Abhängigkeiten zusammen, die die Folge von anderen Störungsentwicklungen sind. Kurz, große Abhängigkeit führt zu Ohnmacht und diese macht krank, nämlich die Psyche.

Arbeitssucht unterscheidet sich in ihren Auswirkungen laut Michael Musalek, dem Ärztlicher Leiter des Anton Proksch Institutes, nicht von der Abhängigkeit von Substanzen wie Alkohol, Kokain, Heroin oder Medikamenten: Es kommt zu Craving, dem starken Wunsch bzw. Zwang nach Konsum, Kontrollverlust als zentrales Merkmal, körperlicher und psychischer Abhängigkeit, Toleranzentwicklung und Entzugssyndromen beim Absetzen der Droge. In einem solchen Zustand finden sich immer mehr Menschen in unserer heutigen konsumbasierten Gesellschaft. Es ist ein Ausdruck der Ohnmacht und ein körperlich-geistig-seelisch schädigendes Vorgehen, um in das Gefühl der Macht zu gelangen, das nicht anhaltend ist.

Demnach ist es für den Staat und dessen Gesellschaft erforderlich, eine veränderte Wahrnehmung der Selbstwirksamkeit der Bürger zu unterstützen. Schließlich können nur leistungsfähige Bürger bei der Stellung bestehen. Was ist daher zu tun? Wer sind die Akteure und wie können alle zusammen die komplexe und aktuell unbefriedigende Situation zum Besseren wenden?

Ansätze zur Gesundung

Derzeit spannt sich das Akteursnetz weg von der Eigenverantwortung der Bürger hin zu einer Fremdbestimmtheit. Das fördert die Ohnmacht, was jedoch in Abnahme der Möglichkeiten zur freien Meinungsäußerung mehr und mehr seinen Weg „in die Seele“ sucht. Diese resultiert in verschiedenen Krankheitsbildern. Wie kann nun der Österreicher wieder zu einem eigenverantwortlichen Handeln finden? Wer sind die wichtigsten Akteure? Hier gibt es vier Ebenen: Familie, Bildungssystem, Gesundheitssystem und Bundesheer.

Wird erst bei der Stellung eine psychische Erkrankung bekannt, so wird es teuer für den Staat. Deshalb sollten Familien wieder in die Position gebracht werden, dass sie ihre Kinder gerne selbst erziehen und Verantwortung für diese tragen. Dazu bedarf es einer Aufwertung der Erziehungsrolle, in der sich die Eltern befinden. Dies könnte über die Zahlung eines Gehaltes für Erziehende geschehen, oder durch steuerliche Begünstigungen für Alleinverdienende. So könnte der Problemstellung der zu geringen Kinderbetreuungsplätze in Österreich begegnet werden.  

Flexibilität im Denken fördert Resilienz

Im Bildungssystem wäre eine Reintegration von Ausbildungsfächern wünschenswert, die die Fähigkeit zu flexiblem Denken ermöglichen. Diese Fächer sind Sport, Musik und Handwerken. Sport, um Anstrengung zu lernen und den Körper durch Training gesund zu halten sowie ein positives Körperbewusstsein zu schaffen. Musik und Singen trainieren die Atmungsfähigkeit, fördern die Gruppendynamik und das Just-In-Time-Reagieren auf Reize. Handwerken fördert nicht nur das Geschick und die Fingerfertigkeit, sondern ist auch die Voraussetzung zur Reparatur von kaputten Gegenständen und somit die Basis für Problemlösungen in komplexen Materialzusammenhängen. Diese drei Fächer sollten, länger als eine Stunde in der Woche, in das Bildungssystem zurückkehren, da sie Resilienz und Selbstwirksamkeit fördern.

Weiters könnten im Gesundheitssystem durch die Implementierung von Screening-Programmen psychische Probleme frühzeitig erkannt und behandelt werden. Dies würde dazu beitragen, die Anzahl der Personen zu reduzieren, die aufgrund psychischer Probleme als untauglich eingestuft werden.

Im ersten Schritt braucht es Klarheit zum Problem

Die Behandlung psychischer Erkrankungen stellt in Österreich mit jährlichen Kosten von etwa 12 Milliarden Euro eine erhebliche finanzielle Belastung dar. Diese Maßnahmen könnten dazu eben in einem Framework beitragen, die psychische Gesundheit der Bevölkerung zu verbessern und die damit verbundenen Kosten zu senken. Es ist jedoch wichtig, dass alle Akteure zusammenarbeiten, um ein effektives und nachhaltiges System zu schaffen.

Am Ende der Entwicklungskette eines gesunden jungen Österreichers, steht dann der Wehrdienst, das Bundesheer. Manche Menschen meinen, dort könnten Entwicklungen, die zuvor geschehen sind, wieder rückgängig gemacht werden. Das ist ein Irrtum. Vielmehr gilt es das Bewusstsein zu fördern, dass sich die angesprochenen Akteure in einem abgestimmten Netzwerk, einem Uhrwerk mit Zahnrädern gleich, befinden. Das Bundesheer kann einiges in den Bereichen Sport und Bewegung, Gruppendynamik, Teamgeist über die Gesellschaftsschichten leisten, jedoch kann es in einem halben Jahr des Grundwehrdienstes nicht die Defizite der Erziehung, Bildung oder der Lebensweise ausgleichen.

Wie greifen gesunde Zahnräder ineinander?

Die Stellung ist der Prozess, bei dem die geistigen und körperlichen Stärken und Schwächen der Wehrpflichtigen erkannt werden. Dort wird festgestellt, ob die Wehrpflichtigen ihren Wehrdienst in einer ihren Fähigkeiten entsprechenden Funktion ableisten können. Es ist jedoch gesellschaftlich besorgniserregend, wenn potenzielle Soldaten bei der Stellung – im Alter von nur 17 Jahren bereits gesundheitliche Probleme aufweisen. Dies ist auf eine Reihe von Faktoren zurückzuführen , wie Lebensstil, Ernährung, Bewegungsmangel und/oder psychische Belastungen. Es ist wichtig, dass Österreich als gesamtes, also nicht das nur das Bundesheer, das Gesundheitsressort oder die Gesellschaft allein diesen Umstand als Probleme anerkennen und Maßnahmen ergreifen, um die Gesundheit der jungen Bürger zu verbessern.

Die Gesundheit potenzieller Soldaten ist ein entscheidender Faktor für die Leistungsfähigkeit des Österreichischen Bundesheeres und sollte daher eine hohe Bedeutung haben. Denn nur wer leistungsfähige Streitkräfte hat, kann sich dem sicherheitspolitischen Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft stellen. Oder anders formuliert: Nur jene Staaten, die in Friedenszeiten den Fokus auf die Gesundheit ihrer Bevölkerung richten, werden im Fall eines Krieges von leistungsfähigen Soldaten verteidigt werden.

Mag. Katharina Reich ist Privatdozentin zu sicherheitsrelevanten Infrastrukturen, Ökonomie und komplexem Denken an diversen Universitäten und Fachhochschulen.

Link zu Teil 1

 

Ihre Meinung

Meinungen (0)