• Veröffentlichungsdatum : 10.09.2019
  • – Letztes Update : 19.09.2019

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Mit allen Mitteln schützen

Gerold Keusch

Die aktuellen Positionen der FPÖ zum Politikfeld Sicherheit, Landesverteidigung und Bundesheer sind im Parteiprogramm 2011 und aufgrund der Aussagen von FPÖ-Politikern, wie dem ehemaligen Bundesminister für Landesverteidigung, Mario Kunasek oder Wehrsprecher Reinhard Eugen Bösch ableitbar. Im aktuellen Wahlprogramm für die Nationalratswahl 2019 sind sie jedoch eine Randnotiz.

In diesem Beitrag werden die wesentlichen Inhalte des FPÖ-Parteiprogramms 2011, des Wahlprogramms zur Nationalratswahl 2019 und aktuelle Aussagen von FPÖ-Politikern zum Themenfeld Sicherheitspolitik, Landesverteidigung und Bundesheer erörtert und analysiert.

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FPÖ Parteiprogramm 2011

„Freiheit, Sicherheit, Frieden und Wohlergehen für Österreich und seine Bevölkerung sind die Leitlinien und der Maßstab für unser Handeln (…).“  Mit diesem Satz beginnt das Parteiprogramm der FPÖ, das seit 2011 in Kraft ist. Sicherheit ist ein Begriff, der sich wie ein roter Faden durch dieses Programm zieht, wobei das Thema Sicherheit sehr breit verstanden wird und neben der Landesverteidigung vor allem den Schutz vor Kriminalität und anderen Bedrohungen zum Inhalt hat. Das zeigt sich auch bei den zehn Leitsätzen der freiheitlichen Politik, von denen sich zwei auf die Sicherheit beziehen.

Der Leitsatz 2 lautet: „Wir sind dem Schutz unserer Heimat Österreich, unserer nationalen Identität und Eigenständigkeit sowie unserer natürlichen Lebensgrundlagen verpflichtet.“  Diese Aussage zeigt, wie breit der Sicherheitsbegriff von der FPÖ verstanden wird und dass er deutlich über den eigentlichen Aufgabenbereich des Bundesheeres und der Exekutive hinausreicht. Im Leitsatz 7 steht: „Österreich hat sein Staatsgebiet mit allen Mitteln zu schützen, seine Neutralität zu wahren und seinen Bürgern Schutz und Hilfe in allen Bedrohungsszenarien zu gewähren.“  Dieser Satz bezieht sich eindeutig auf die Landesverteidigung und die Aufgaben des Bundesheeres, die damit einen hohen Stellenwert in der Hierarchie des Parteiprogramms einnehmen. Die FPÖ sieht Sicherheit „als Grundbedürfnis und wichtige Voraussetzung für eine positive menschliche Entwicklung“  und bemerkt in diesem Zusammenhang, dass die Selbstverteidigungsfähigkeit die Voraussetzung dafür ist. Darüber hinaus stellt die FPÖ klar, dass sie sich zur umfassenden Landesverteidigung und „zur bestmöglichen Ausbildung und Ausrüstung der Organe unserer Sicherheitsexekutive und des Bundesheers“  bekennt.  

Hinsichtlich der Aufgaben des Bundesheeres steht in dem Programm: „Heimatschutz und Landesverteidigung haben Vorrang vor Auslandseinsätzen des Bundesheers. Auslandseinsätze österreichischer Soldaten sollen ausschließlich freiwillig und nur für Katastropheneinsätze, humanitäre Aufgaben, zur Friedenssicherung und unter UNO Mandat erfolgen.“  Die Mitgliedschaft in einem Militärpakt wird abgelehnt und betont, dass die Entscheidung über den Einsatz des Bundesheeres „ausschließlich Österreich selbst, als souveräner und neutraler Staat“  zu treffen hat.

Wahlprogramm zur Nationalratswahl 2019

Im aktuellen Wahlprogramm kommen die Landesverteidigung und das Bundesheer praktisch nicht vor. Im Vorwort des Wahlprogrammes, bei dem Parteichef Norbert Hofer die Fortsetzung der Koalition mit der ÖVP fordert, finden sich zwei Rubriken. Einer benennt die Inhalte, die von der ÖVP-FPÖ-Koalition umgesetzt wurden, der andere stellt die noch offenen Punkte dar. Unter den 14 angeführten Punkten findet man zwischen den Forderungen nach einem neuen Asyl- und Fremdenrecht sowie der Nahverkehrsmilliarde, die Forderung nach einer zielgerechten Finanzierung des Bundesheeres.

Ansonsten wird das Bundesheer nur mehr an einer Stelle erwähnt. An dieser wird der Mindest-Stundenlohn für Asylwerber von 1,50 Euro damit begründet, dass auch ein Rekrut nicht mehr verdienen würde. Auch wenn das Wahlprogramm das Parteiprogramm nicht außer Kraft setzt und hierarchisch darunter einzuordnen ist, gibt es beim Themenfeld Sicherheitspolitik, Landesverteidigung und Bundesheer doch eine Diskrepanz zwischen den beiden Programmen hinsichtlich des Stellenwertes. Das könnte ein Hinweis darauf sein, dass dieser Bereich auch für die FPÖ in der Prioritätenliste nach unten gerutscht ist oder zumindest kein Themenfeld ist, mit dem man im Wahlkampf punkten kann.

Ein Prozent für das Bundesheer

Im Juli beschloss die FPÖ gemeinsam mit der SPÖ im Nationalrat einen Entschließungsantrag zur Anhebung des Heeresbudgets. Dieser Beschluss ist jedoch nicht verbindlich und lediglich eine Absichtserklärung, wenn auch in einer speziellen Form. Dennoch stellt FPÖ-Wehrsprecher Reinhard Eugen Bösch klar: „Das Heeresbudget auf ein Prozent des Bruttoinlandsproduktes anzuheben ist unser mittelfristiges Ziel, damit das Bundesheer seinen verfassungsmäßigen Auftrag wieder erfüllen kann und die österreichische Landesverteidigung über eine budgetäre Sicherheit verfügt.“ 

Konkret soll das Heeresbudget im Jahr 2020 2,6 Milliarden Euro betragen und im Jahr 2021 auf drei Milliarden Euro angehoben werden und das Bundesheer ein Sonderbudget für die Luftraumüberwachung erhalten. Bösch sieht die Aufstockung des Heeresbudgets als Voraussetzung, damit das Bundesheer seinen verfassungsgesetzlichen Verpflichtungen nachkommen kann, von denen die umfassende Landesverteidigung von der FPÖ als wichtigste erachtet wird. Bösch spricht sich auch für die Wiedereinführung der 2006 abgeschafften Milizübungen aus, wodurch sich der sechsmonatige Wehrdienst aufgrund der sechzig Milizübungstage auf insgesamt acht Monate verlängern würde.

Fazit und Ausblick

Im Vergleich zu den anderen Parteien bekennt sich die FPÖ in ihrem Parteiprogramm deutlicher zur Landesverteidigung und dem Bundesheer. Der breite Sicherheitsansatz, der sowohl im Parteiprogramm als auch in den Aussagen von FPÖ-Politikern eine Konstante ist, hat zwei Seiten: Einerseits stärkt er das Bundesheer als Teil der Sicherheitsarchitektur, andererseits wird dadurch seine Primäraufgabe (Landesverteidigung) in den Hintergrund gedrängt, wodurch der Eindruck entstehen kann, dass das Bundesheer zu einer „Ersatzpolizei“ werden könnte. Dem ist entgegenzuhalten, dass FPÖ-Wehrsprecher Reinhard Eugen Bösch die Landesverteidigung klar als Primäraufgabe betrachtet und die sicherheitspolizeilichen Assistenzeinsätze als Maßnahme zum Schließen von kurzfristigen Bedarfslücken sieht.

Ob sich die FPÖ mit ihrer Forderung nach einer deutlichen Wehrbudget-Erhöhung bei einer etwaigen Koalition mit der Volkspartei durchsetzen kann ist fraglich. Schließlich hat der „Wunschpartner“ ÖVP-Chef Sebastian Kurz eine solche de facto ausgeschlossen, wobei er mittlerweile auch ein Budgetplus in Aussicht gestellt hat. Dass die FPÖ eine allfällige Koalition mit der ÖVP „nur“ deshalb platzen lässt, weil diese dem Bundesheer nicht das geforderte Geld geben möchte, kann jedoch ausgeschlossen werden. Dann wäre aber jener Teil des FPÖ-Parteiprogramms, der die Landesverteidigung thematisiert nicht mehr haltbar, weshalb sich hier ein Dilemma zwischen Realpolitik und Parteiprogramm abzeichnet, dass es aber bereits bei der letzten ÖVP-FPÖ Koalition gab.

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Offiziersstellvertreter Gerold Keusch, BA ist Redakteur beim TRUPPENDIENST und Politologe.

Links:

FPÖ-Parteiprogramm 2011

FPÖ-Wahlprogramm für die Nationalratswahl 2019

Interview mit FPÖ-Wehrsprecher Reinhard Eugen Bösch

 

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