• Veröffentlichungsdatum : 06.07.2017
  • – Letztes Update : 25.07.2018

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  • 948 Wörter

Der Erste Weltkrieg im HGM

Sascha Harold

Seit 2014 widmet sich das Heeresgeschichtliche Museum dem Ersten Weltkrieg in einer neu gestalteten Saalgruppe. Die umfangreichste Sammlung Österreichs zu dieser Zeit zeigt zahlreiche originale Einzelstücke, die den Verlauf des Krieges näherbringen.

Franz Joseph-Saal

Der Beginn der Ausstellung setzt bei den Ursachen des Ersten Weltkrieges und damit in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts an. Im sogenannten „Franz Joseph-Saal“ wird zunächst die Bedeutung der Schlacht bei Königgrätz hervorgehoben, die mit der Niederlage Österreichs gegen Preußen das Ende des Deutschen Bundes einläutete. Der folgende Ausgleich mit Ungarn 1867 begründete anschließend die österreichisch-ungarische Doppelmonarchie.

Die Zeit zwischen Königgrätz und dem Ersten Weltkrieg war für die neu gegründete Monarchie weitgehend friedlich. Die Ausnahme bildete der Okkupationsfeldzug 1867, als österreichisch-ungarische Truppen die vom Osmanischen Reich abgetrennten Provinzen Bosnien und Herzegowina besetzten. Diese Okkupation wurde 1908 zur Annexion. Damit war die Ausgangslage für das spätere Attentat von Sarajewo geschaffen.

Ein Teil des Franz Joseph Saals zeigt die neu aufgestellten Landwehr- bzw. Honved Truppen der Monarchie. Die hier ausgestellten Ausrüstungsgegenstände, Waffen und Uniformierungen dokumentieren diesen Teil der österreichisch-ungarischen Streitkräfte. Der Rest des Saales ist der Darstellung des Vielvölkerreiches gewidmet. Die Spannungen zwischen den verschiedenen Nationalitäten in Europa und innerhalb der Donaumonarchie traten zum Ende des 19. Jahrhunderts hin immer stärker zutage und führten 1914 schließlich zur Ermordung des Thronfolgers Erzherzog Franz Ferdinand.

Sarajewo

Dem Attentat von Sarajewo ist ein Raum gewidmet, der von drei Ausstellungsstücken beherrscht wird:

  • Dem originalen Automobil mit dem Franz Ferdinand und seine Frau Sophie am Tag des Attentats unterwegs waren,
  • dem blutigen Waffenrock, auf dem auch das Einschussloch der Pistolenkugel zu sehen ist und
  • der Chaiselongue, auf der er starb.

Eine Karte stellt außerdem die Route des kaiserlichen Konvois und die Positionen der Attentäter, von denen letztlich nur Gavrilo Princip erfolgreich sein sollte, dar.

Kriegsbeginn

Nach dem Teil der Ausstellung, der sich dem Attentat von Sarajewo widmet, wird die Bündnissituation Europas durch Grafiken und Texte dargestellt. Die Forderungen Österreichs an Serbien, die den formellen Anlass zur Kriegserklärung liefern sollten, sind ebenfalls ausgestellt. Am 28. Juli erklärte der Kaiser schließlich Serbien den Krieg und schrieb in einem Manifest an seine Völker: „Mit ruhigem Gewissen betrete ich den Weg, den die Pflicht mir weist.“ Zu Beginn standen sich die Mittelmächte (Österreich-Ungarn, das Deutsche und das Osmanische Reich) und die Staaten der Entete (Großbritannien, Frankreich, das Russische Reich und Serbien) gegenüber. In den weiteren Jahren entwickelte sich ein weltweiter Konflikt, an dem insgesamt 36 Staaten beteiligt waren.

Dokumentiert ist auch die Kriegsbegeisterung, die im Jahr 1914 in Österreich-Ungarn, aber auch in den übrigen Staaten Europas, herrschte. Die Mobilisierungsaufrufe sind von Siegesgewissheit getragen, militärische Propaganda spielte dabei eine wichtige Rolle. Auf mehreren Karten sind die ursprünglichen Aufmarschpläne der Doppelmonarchie festgehalten.

Ein besonderes Ausstellungsstück bildet die begehbare Festungskuppel des Forts Kessel von Antwerpen. Im Dach der Kuppel kann eine steckengebliebene Granate aus einem österreichischen 30,5 cm Belagerungsmörser besichtigt werden. Der weitere Kriegsverlauf und die einsetzende Kriegsmüdigkeit wird in der Ausstellung mit Zeittafeln dargestellt, die die wichtigsten Ereignisse jedes Kriegsjahres festhalten.

Ausrüstung

Im größten Raum des Saales ist unter anderem der Luftfahrt ein eigener Bereich gewidmet. Ausgestellt ist ein unbewaffneter Albatros-Doppeldecker, der für die Luftaufklärung verwendet wurde. Die technische Entwicklung des ersten Weltkrieges zeigt sich auch in der Artillerie. Der Raum wird dominiert von einer originalen 38-cm-Haubitze der österreichisch-ungarischen Armee, die 82 Tonnen wiegt und Geschosse mit einem Gewicht von 700 Kilogramm verschießt. Zum Einsatz kam das Geschütz an der Front zu Italien sowie an der Westfront.

Die Entwicklungen in der Luftfahrt machten Abwehrsysteme notwendig. Frühe Flugabwehrkanonen der österreichisch-ungarischen Armee sind Teil der Ausstellung – statistisch brauchten sie damals allerdings noch etwa 1 700 Schuss um ein Flugzeug zu treffen. Einige Revolutionen in der Kriegsführung, wie das ausgestellte Modell eines geländegängigen Panzerfahrzeuges, kamen nicht über das Stadium eines Prototyps hinaus und wurden deshalb auch nie in die k.u.k. Armee eingeführt. Einen Exkurs bildet die Darstellung des Einsatzes von Tieren im Krieg, die unter anderem für Lastentransporte verwendet wurden. Tauben waren dagegen in der Kommunikation im Kriegseinsatz.

Stellungskrieg

Der Stellungskrieg in den Gräben war spätestens ab 1915 die Realität an vielen Fronten. Der Gang durch die Ausstellung führt durch einen nachgebildeten Graben, in dem die dort herrschende Enge deutlich wird. Hygieneprobleme und immer wieder ausbrechende Krankheiten sowie Nahrungsknappheit verschlechterten die Bedingungen und begleiteten die Soldaten. Giftgasangriffe, die von allen Kriegsparteien durchgeführt wurden, machten die Gräben schließlich zu tödlichen Fallen. Einen besonders folgenschweren Giftgasangriff führte die Doppelmonarchie, inzwischen unter Kaiser Karl, gegen Italien durch. In der zwölften Isonzoschlacht wurde mit deutscher Unterstützung Giftgas gegen die italienischen Stellungen eingesetzt, was schließlich zum vorläufigen Durchbruch der Mittelmächte führte. 

Kriegsfolgen

Neben unzähligen Verwundeten und Toten veränderte der Erste Weltkrieg auch das öffentliche Leben. Die allgegenwärtige Propaganda machte auch vor Kindern nicht Halt, Brettspiele sollten nicht nur unterhalten, sondern Stimmung für „Krieg, Vaterland und Kaiser“ machen. Auch das Schicksal der vielen Kriegsgefangenen wird im Weltkriegssaal des Heeresgeschichtlichen Museums dokumentiert.

Die knapper werdende Versorgung der Soldaten, aber auch der Zivilbevölkerung, wurde im Kriegsverlauf immer deutlicher. Die Kriegsmüdigkeit zeigte sich bald und in Russland führte die 1917 ausgebrochene Oktoberrevolution zu einem Waffenstillstandsabkommen und in weiterer Folge zum Frieden von Brest-Litowsk. Auch die österreichisch-ungarische Monarchie war durch Nahrungsknappheit, Streikbewegungen und den nach wie vor bestehenden Nationalitätenproblemen stark unter Druck.

Die Reformbemühungen Kaiser Karls I. hatten nicht den erwünschten Erfolg und läuteten das Kriegsende auch das Ende der Monarchie ein. Was vom Krieg blieb, waren 9 500 000 gefallene Soldaten, fast 8 000 000 zivile Opfer. Der Kriegsausgang zeichnete die Karte Europas neu. Das deutsche Kaiserreich wurde zur Demokratie – die k.u.k. Monarchie zerfiel. Das Ende des Habsburgerreiches führte zur Gründung neuer Staaten, wie Polen, der Tschechoslowakei oder Jugoslawien und sie hinterließ ein Österreich, an dessen Lebensfähigkeit damals nur wenige glaubten.

Sascha Harold, MSc. ist Redakteur beim TRUPPENDIENST.

 

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